kautionsfrei.de: Sie sind erst seit wenigen Monaten beim IVD Berlin-Brandenburg. Welchen Tätigkeitsbereich verantworten Sie und welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Nils Werner: Für mich persönlich ist es nach mittlerweile zehn Jahren als Interessenvertreter in drei Branchen eine besondere Herausforderung, einen Verband als erster hauptamtlich bestellter Geschäftsführer mitzugestalten. Vor allem, weil mir dabei ein gewisser Handlungsspielraum zur Verfügung steht. Ich verstehe es als Privileg, mich dem Thema Immobilien und damit der Sicherung eines menschlichen Grundbedürfnisses widmen zu dürfen.
Ein umfassendes Ziel von mir ist es, den IVD Berlin-Brandenburg zusammen mit seinen Mitgliedern, Ehrenamtlichen sowie meinen Kolleginnen und Kollegen auf dem bisherigen Erfolgskurs zu halten. Wichtige Teilziele sind dabei noch mehr Sichtbarkeit und zunehmendes Mitgliederwachstum. Die Immobilienprofis der Region sollen den IVD als starken Partner mit wertvollen Leistungen und starker Stimme wahrnehmen, der ihre Interessen sowie die ihrer Kunden energisch und professionell in der Politik und Öffentlichkeit vertritt.
kautionsfrei.de: Mit welchen Themenschwerpunkten setzen sich der IVD und seine Mitglieder aktuell auseinander?
Nils Werner: Selbstverständlich nimmt aktuell der Koalitionsvertrag unserer neuen Bundesregierung eine entscheidende Rolle bei unserer Arbeit ein. Mit der energetischen Sanierung und Umsetzung hoher energetischer Standards im Neubau, den sozialverträglichen Mieten, der Revitalisierung der Innenstädte, dem demografiefesten Umbau des Bestandes, der Quartieraufwertung in der Fläche etc. hat sich die Große Koalition für die kommenden Jahre hohe Ziele gesteckt. Die Frage ist natürlich, wie die Bundesregierung die Branche dabei nicht nur unterstützt, sondern auch motiviert, diese Vorhaben in die Tat umzusetzen. Rot-Schwarz setzt auf mehr Regulierung und dabei auf Maßnahmen wie die sogenannte Mietpreisbremse; Ansätze wie die Wiedereinführung der degressiven AfA wurden indes einfach gestrichen.
Darüber hinaus nimmt natürlich der Berliner Immobilienmarkt einen wichtigen Stellenwert unserer Arbeit als Regionalverband ein. Wir wollen dem in der Hauptstadt bereits länger anhaltenden Trend zur Wohnungsplanwirtschaft und eigentumsfeindlichen Politik mit guten Argumenten und transparenten Marktberichten begegnen, indem wir aufzeigen, dass Berlin kein wohnungspolitisches Notstandsgebiet ist wie die Hauptstadtpolitik stets argumentiert, um von eigenen Versäumnissen im Neubau abzulenken.
Ein Dauerthema ist der Ausbau unseres Netzwerks und die Zusammenarbeit mit den IHKen der IVD-Region Berlin und Brandenburg. Zudem liegt unser Augenmerk auf Wachstum durch Kommunikation, Stärkung der Mitglieder-Services und des Partnernetzwerks im Rahmen eines Mitglieder-Benefit-Programms – zum Beispiel mit kautionsfrei.de als Partner im Bereich der Kautionsbürgschaften.
kautionsfrei.de: Die neue Bundesregierung plant die beauftragenden Vermieter zur Kasse zu bitten, wenn es um die Bezahlung der Maklercourtage geht. Was bedeutet das für den Maklerberuf?
Nils Werner: Das Prinzip, dass der die Musik bezahlt, der sie bestellt, ist ja grundsätzlich mit einer unbestechlichen Logik versehen. Es ist nur schwer, über die Folgen für den Maklerberuf zu sprechen, solange noch keine sinnvollen Vorschläge seitens der Politik auf dem Tisch liegen. Das „falsche Bestellerprinzip", welches in der letzten Legislatur in den Bundestag eingebracht und von der Regierungskoalition abgelehnt wurde, war eine Mogelpackung und hätte die Vermieter einseitig belastet, die wiederum Mittel und Wege gefunden hätten, die Last an die Mieter weiterzugeben. Märkte lassen sich nicht verbieten und durch scheinbar regulierende Eingriffe kompensieren. Der Auftrag vom Mieter darf gesetzgeberisch nicht unter den Tisch fallen. Gleichwohl müssen sich Immobilienmakler in einem zunehmend transparenten Markt und vor immer besser informierten Kunden auf ihre Stärken besinnen und ihre Geschäftsmodelle weiterentwickeln. Hier sehe ich einen klaren Trend hin zum Beratungsmakler, der es versteht, Mehrwerte für seine Kunden zu schaffen, diese kommunikativ geschickt zu transportieren und damit auch zu einer Verbesserung des streckenweise problematischen Images des Maklerberufs beizutragen. Dabei schließe ich die Leistung, für den Kunden durch ein hervorragendes Netzwerk die richtige Immobilie zu finden, mit Nachdruck ein. Es wird häufig so getan, als wäre das kein Mehrwert mehr. Ich persönlich halte das beratungsstarke Zusammenbringen von Mensch und passender Immobilie nach wie vor für einen sehr guten Business Case, der allerdings große zeitliche Investitionen und Top Know-how erfordert.
kautionsfrei.de: Die Mietkautionsbürgschaft ist seit einigen Jahren auf dem Vormarsch und erfreut sich großer Beliebtheit. Wie schätzen Sie die Akzeptanz der Vermieter und der Makler hierzulande ein?
Nils Werner: Ich glaube, alles, was den Verwaltungsaufwand auf Eigentümerseite und auf Seite der Immobilienexperten – das heißt auch der Immobilienverwalter – minimiert, ist ein zukunftsfähiges Angebot. Die Mietkautionsbürgschaft schafft Flexibilität und beschleunigt Prozesse, allerdings muss der Wurm am Ende dem Fisch schmecken und entscheidend wird auch sein, wie das Angebot auf Mieterseite bewertet wird. Für häufige Wohnungswechsler, zu denen auch ich mal gehörte, ist das Produkt perfekt. Werden die Zyklen länger und die Wohnungen größer, muss der Mieter rechnen. Ausgesprochen gut finde ich, wie flexibel diese Produkte geworden sind und dass sie auch in Überbrückungsphasen genutzt werden können, wenn der Mieter zum Beispiel noch auf eine ausstehende Kaution warten muss, die neue aber schon fällig ist. Für Immobilienmakler ist es ein Beratungs- und Empfehlungsthema und eine Möglichkeit, Kunden alternative Lösungen aufzuzeigen. Aus dieser Perspektive halte ich es für ein sehr relevantes Thema im Vermarktungsprozess.
kautionsfrei.de:Der Mietmarkt befindet sich gerade in den Ballungsgebieten in einem großen Umbruch. Wie bewerten Sie die rasante Preisentwicklung bei den Mieten und welche Mechanismen können hier weiterhin für den sozialen Frieden sorgen?
Nils Werner: Zunächst einmal müssen wir das, was Sie als rasant bezeichnen, relativieren. In Relation zur gesamten Preisteuerung haben sich die Mietpreise in den letzten zehn oder 20 Jahren unterdurchschnittlich entwickelt. Selbst jetzt, wo in Berlin von einer Explosion der Mieten gesprochen wird, liegen wir im Schnitt ein Prozent über der allgemeinen Inflation und der Trend der Nachholeffekte ebbt jetzt schon stark ab. Damit will ich das Thema nicht verharmlosen, nur etwas versachlichen. Mietpreiserhöhungen werden anders wahrgenommen und emotionalisieren stärker, als wenn bei IKEA das Billy-Regal oder die Brötchen beim Bäcker teurer werden.
Es ist schwer, den Spagat zwischen einer energetischen und allgemeinen Aufwertung des Bestandes, einer extrem hohen Nachfrage nach hochwertigem Wohnraum in den Ballungsgebieten beziehungsweise deren Trendbezirken und stabilen, sozial verträglichen Mietniveaus hinzubekommen. Die Wahrheit liegt – wie so oft – in der Mitte, aber in der Mieterhauptstadt Berlin wird hauptsächlich über Milieuschutz und Mietpreisbremsen diskutiert, anstatt einen fairen Interessenausgleich zwischen finanziell schwächeren Mietern und denjenigen herzustellen, die mit ihrem privaten Kapital den Wohnungsbestand aufwerten wollen. Ein synergetisches Miteinander von privater Wohnungswirtschaft und sozialem Wohnungsbau als kommunale Aufgabe wäre eine Lösung, nicht das Schüren von Stimmung gegen Investoren, die erst dafür gesorgt haben, dass Städte und Stadtteile interessant für neue Zielgruppen geworden sind. Alles andere ist Stillstand und den kann eine moderne Gesellschaft nicht wollen. Für Berlin speziell muss man auch sagen: Es gibt kein Grundrecht auf lebenslanges Wohnen oder eine günstige Studentenwohnung in einem bestimmten angesagten Kiez. Märkte ändern sich zum Glück und in Berlin muss man häufig nur wenige U-Bahn-Stationen weiter suchen, um bezahlbaren, guten Wohnraum zu finden.
kautionsfrei.de: Vielen Dank für das Interview, Herr Werner.
Von Orlando Mittmann | Letzte Aktualisierung: 03. Februar 2014
Kategorie: Interview, Miete & nebenkostenabrechnung, Wohnungsmarkt, Mietpreisbremse, Partner