Vermieter dürfen nicht verantwortlich gemacht werden
Wer neben einem Bolzplatz oder einem Schulhof wohnt, ist grundsätzlich verpflichtet, die entstehende Lärmbelästigung hinzunehmen. Er darf daher nicht den Vermieter für die Belastung verantwortlich machen und die Miete kürzen.
Mit dieser Entscheidung setzt der BGH eine ganze Reihe kinderfreundlicher Urteile fort. Die zuständige BGH-Kammer beruft sich dabei vor allem auf das Bundesimmissionsschutzgesetz von 2011, dass einen deutlichen Unterschied macht etwa zwischen Bau- oder Industrielärm und von Kindern auf Spielplätzen oder Schulhöfen verursachten Geräuschbelästigungen. Letztere sind im Regelfall laut Gesetzestext keine schädlichen Umwelteinwirkungen und somit immer zumutbar.
Bolzplatz als Lärmquelle
In dem vorliegenden Urteil hat der BGH (BGH VIII ZR 197/14) den konkreten Fall zur Neuverhandlung an zuständige Landgericht Hamburg (LG) zurück verwiesen. Grund hierfür ist aber nicht das Bundesimmissionsschutzgesetz, sondern dass diese Vorinstanz bei seinem vorangegangenen Urteil ein womöglich entscheidendes Detail ungeprüft gelassen hatte.
Der Fall: 2010 wurde auf das Gelände einer Hamburger Schule nachträglich ein Bolzplatz gebaut. Dieser lag in unmittelbarer Nähe zur Terrasse einer schon vorher existierenden Erdgeschosswohnung. Deren Mieter, die dort seit 1993 wohnen, hatten ihre Miete unter Verweis auf die neu entstandene Lärmbelastung um 20 Prozent gekürzt.
In dem vom Vermieter angestrengten Prozess hatte das LG Hamburg den Mietern grundsätzlich Recht gegeben. Dabei hatte es jedoch deren Begründung, dass nicht die Kinder der Schule der Grund für die Mietkürzung waren, sondern Jugendliche und junge Erwachsene, dieKinderfre abends und am Wochenende den Bolzplatz zum Kicken aufsuchten, außer Acht gelassen.
Dies hat nun der BGH bemängelt und das LG Hamburg angewiesen, den Fall erneut zu prüfen. Es muss sich mit dem Argument der Mieter, dass vor allem Jugendliche und Erwachsene durch ihre Nutzung des Bolzplatzes für die Lärmbelastung verantwortlich sind, noch einmal auseinandersetzen.
Jugendlärm ist nicht Kinderlärm
Diese Art von Lärm fällt laut BGH nämlich nicht unter das Toleranzgebot. Das LG Hamburg muss deshalb entscheiden, ob dem Vermieter zumutbar ist, die Einhaltung der Nutzungsbestimmungen des Bolzplatzes im Sinne des Schutzes seiner Mieter vor dem Lärm durchzusetzen.
Kai H. Warnecke, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbands „Haus & Grund“ sieht hier die Ordnungsbehörden in der Pflicht. Es sei ihre Aufgabe, „dafür zu sorgen, dass die Regeln zur Nutzung von Spielplätzen eingehalten werden“, ließ er auf der Internetseite des Verbandes verlauten. Dies sei „nicht die Aufgabe von Wohnungsvermietern.“
An dieser Stelle deutet sich die grundsätzliche Tragweite des BGH-Urteils für das Mietrecht an. Es stellt sich nämlich die Frage, ob diese und die darauf vermutlich folgenden Entscheidungen womöglich auch für andere Arten von Lärm vom Nachbargrundstück gelten können. Haus & Grund-Geschäftsführer Warnecke sieht dies so, denn seiner Meinung nach gilt die Entscheidung „für jeglichen Lärm von Nachbargrundstücken, den Vermieter entschädigungslos dulden müssen.“
Im konkreten Fall kann dieser Gedanke immerhin bedeuten, dass die Nutzung des Bolzplatzes nach 18 Uhr durch Jugendliche und junge Erwachsene, welche durch die Nutzungsbestimmungen ausdrücklich untersagt ist, von den Hamburger Behörden unterbunden werden muss. Wie, wäre dann deren Angelegenheit.
Von Marilla Schleibaum | Letzte Aktualisierung: 12. Mai 2015
Kategorie: Mietkaution, Mietrecht, Ruhestörung & lärmbelästigung