Die Mietpreisbremse - was sie wirklich bringt
Kann die Mietpreisbremse die steigenden Mieten stoppen?
Lange Schlangen bei der Wohnungsbesichtigung, Blumen für den Vermieter, ein handgeschriebenes Bewerbungsschreiben mit Fotos – Um eine neue Wohnung zu bekommen, legt sich so mancher ins Zeug. Auch die Mietkonditionen werden teilweise schnell abgenickt, von der Höhe der Miete und Mietkaution bis hin zu unglaubwürdigen Flächenangaben im Mietvertrag. Dass Mieter bei der Neuvermietung immer weiter oben drauf zahlen, damit soll bald Schluss sein.
Welche Gebiete sind von der Mietpreisbremse betroffen?
Wo genau die Mietpreisbremse angewandt wird, entscheiden die Länder selber. Per Rechtsverordnung können die Bundesländer Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt ausweisen, in denen die Mietpreisbremse dann Anwendung findet. Die Dauer, die ein Gebiet damit geschützt werden kann, liegt bei höchstens fünf Jahren.
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Wann gilt ein Wohnungsmarkt als angespannt?
Ist die hinreichende Versorgung der Wohnbevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Konditionen gefährdet, so gilt ein Wohnungsmarkt als angespannt.
Indikatoren dafür sind:
- Geringer Leerstand bei hoher Nachfrage nach Wohnraum
- Eine überdurchschnittlich hohe Mietbelastung pro Haushalt im Bundesvergleich
- Mietpreise steigen rasant und stärker als im Bundesdurchschnitt
- Missverhältnis von Zuwachs der Wohnbevölkerung und Wohnungsneubau
Erstbezug und umfangreiche Modernisierungen ausgenommen
Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. So ist der Erstbezug von Neubauten von der Mietpreisbremse ausgenommen. Der Neubau von Wohnungen ist wichtig, um langfristig genügend Wohnraum zu angemessenen Mietpreisen zu gewährleisten. Wird der Mietpreis für Neubauten von vornherein gedeckelt, so könnte dies den Neubau weniger attraktiv erscheinen lassen. Investoren werden abgeschreckt und der Wohnungsneubau damit behindert. Dies führe wiederum dazu, dass Mieten aufgrund von Mangel an Wohnraum weiterhin steigen würden.
Ebenso ausgenommen von der Mietpreisbremse sind Wohnungen, die umfassend saniert und modernisiert wurden. Als Richtwert gilt hier, dass die Sanierungskosten ein Drittel des Gesamt-Investitionsvolumens ausmachen, die ein Neubau gekostet hätte. Modernisierungstätigkeiten sollen so auch weiterhin gefördert werden.
Zudem wird kein Vermieter gezwungen seine Miete zu senken. Liegt diese bereits über dem zulässigen Niveau, kann auch weiterhin der Mietpreis verlangt werden, den der Vormieter gezahlt hat.
Was passiert bei Verstoß gegen die Regelung?
Bei einem Verstoß gegen die Regelung zur Mietpreisobergrenze muss der Mieter den Vermieter rügen. Rückforderungsansprüche des Mieters, die an eine ausreichend „qualifizierte Rüge“ gekoppelt sind, stellen hier jedoch eine weitere Hürde zur Durchsetzung von Mieterinteressen dar. Ist der Mieter nicht in der Lage, die Anforderungen in qualifizierter Art und Weise rechtlich durchzusetzen, können hierdurch Rückforderungsansprüche für viele Monate verloren gehen bzw. abschlägig beschieden werden. Einfach gesagt: Wer sein Recht als Mieter durchsetzen möchte, muss sich einen Rechtsbeistand besorgen, der allein für die Aufnahme des Klageweges mindestens 500 Euro verlangen wird.
Fazit: Die sogenannte Mietpreisbremse ist für die Regierung natürlich ein tolles Ergebnis, da sie dem Wähler suggerieren kann, dass der politische Wahlkampf-Auftrag erfüllt wurde. Dass das Gesetzt jedoch in seinen Folgewirkungen zahnlos ist, trifft Millionen Mieter in Deutschland. Darüber, dass die Mietpreisbremse ihr Ziel verfehlt hat, sind sich inzwischen fast alle einig. Ob sie verschärft werden oder abgeschafft werden muss, darüber herrscht noch Uneinigkeit.
Laufende Mietverhältnisse nicht betroffen von Mietpreisbremse
Für bereits bestehende Mietverträge gilt die bisherige Deckelung von maximal 20 Prozent Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren. In Ballungsgebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt die Begrenzung bei 15 Prozent in drei Jahren. Die Miete darf jedoch nur auf das Niveau der Vergleichsmiete plus zehn Prozent angehoben werden. So kann ein Vermieter die Miete auch bei einer Mieterhöhung von unter 20 Prozent nicht weiter erhöhen, wenn er mit dem Mietpreis bereits die ortsübliche Vergleichsmiete zzgl. 10 Prozent erreicht hat. Wenn ein Vermieter die Miete bereits gemäß Regelung erhöht, jedoch nicht das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete erreicht, steht es ihm nicht zu, die Miete erneut anzuheben.
Mietpreisbremse betrifft nur neue Mietverträge
Die Mietpreisbremse war von der Bundesregierung im Sommer 2015 eingeführt worden, um vor allem in Ballungsgebieten mit hohem Preisdruck extreme Mietsteigerungen bei Neuvermietungen zu unterbinden. Die neuen Regeln sehen vor, dass Mieten nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Zur Festlegung, was ortsüblich ist, sollen örtliche Mietspiegel dienen.
Als ein wesentlicher Haken an der Sache erweist sich jetzt, dass man gemäß der Regeln der Mietpreisbremse erst den Mietvertrag unterzeichnet haben muss, um dann gegen eine vermeintlich zu hohe Miete vorgehen zu können. Das macht nach bisherigen Erkenntnissen bisher so gut wie niemand, da es offenbar dem allgemeinen Rechtsempfinden von Mietern widerspricht. Dies besagt wohl, dass man einen Vertrag einfach gar nicht erst unterzeichnet, wenn man mit seinen Bedingungen nicht einverstanden ist.
In der Umkehr resultiert aus dieser Sicht der Dinge, dass die allermeisten Mieter offenbar die vertraglich vereinbarte Miete hinnehmen, wenn sie sich einmal per Unterschrift unter den Mietvertrag damit einverstanden erklärt haben. Selbst dann, wenn diese sich nach einer Überprüfung als ungerechtfertigt hoch erweist.
Die Mietpreisrüge – ein stumpfes Instrument
Hinzu kommt, dass die Vorgehensweise, die Mieter durch die Regelungen der Mietpreisbremse an die Hand bekommen haben, um gegen die Miethöhe vorzugehen, einen entscheidenden Nachteil hat: Man muss überhaupt erst einmal in der Lage sein, den überhöhten Mietzins aufbringen zu können. Das Vorgehen gegen die Miethöhe gemäß Mietpreisbremse ist schließlich erst nach Abschluss des Mietvertrags möglich.
Dann kann der Mieter wegen der zu hohen Miete eine förmliche Rüge gegenüber dem Vermieter aussprechen. Aber erst ab dem Datum des Eingangs dieser Rüge beim Vermieter kann überhaupt eine Verringerung des Mietzinses geltend gemacht werden. Deswegen ist es ratsam, als Mieter nicht allzu lange mit einer Rüge zu warten. Das bedeutet wiederum, gleich nach Vertragsschluss das vielleicht ursprünglich gute Verhältnis zum Vermieter zu riskieren. Auch dies ist etwas, was viele Mieter nachvollziehbar scheuen, weil es dem allgemeinen Empfinden von guten Sitten widerspricht.
Mietspiegel und Vergleichsmiete als Risiko für eine Rüge
Die Mietpreisrüge kann nur in Bezug auf eine im örtlichen Mietspiegel festgehaltene Vergleichsmiete ausgesprochen werden. Sollte ein Mieter diesen Weg also tatsächlich einschlagen, erscheint es logischerweise von Vorteil, dass er sich gut mit den Regeln der Mietpreisbremse und den Ausnahmen des örtlichen Mietspiegels auskennt. So gilt die Mietpreisbremse nicht bei Wohnungsbauten, die nach dem 1.10.2014 gebaut wurden.
Die Konsultierung eines mit dem aktuellen Mietrecht vertrauten Rechtsbeistandes ist daher vor Aussprechen einer Mietpreisrüge mehr als sinnvoll – eine weitere Hürde, die viele Mieter nicht nur aus Kostengründen zu scheuen scheinen.
Wichtig für die Abschätzung der Folgen einer Rüge ist außerdem für den Mieter – neben möglicher Kosten für einen Rechtsbeistand – auch, dass sein Vorgehen insgesamt erfolglos bleiben könnte. Wenn nämlich der Vermieter die hohe Miete mit Ausnahmen wie besonderen Ausstattungsmerkmalen der Wohnung o. ä. rechtfertigen kann, dann bleibt es auch in Zukunft bei der vertraglich vereinbarten Miete und der Mieter bleibt zudem auf den Anwalts- und Gerichtskosten sitzen.
Gültigkeit von Mietspiegeln ungeklärt
Hinzu kommt, dass nach einem vielbeachteten Berliner Urteil die Existenzberechtigung von Mietspiegeln generell in Frage gestellt erscheint. Eine rechtliche Überprüfung der Mieterargumente kann somit unwägbare Überraschungen mit sich bringen. Auch das sollte bereits in dem Moment mit kalkuliert werden, wenn man einen Mietvertrag trotz überhöhter Miete unterzeichnet.
Alles in allem erweist sich die Mietpreisbremse somit als zahnloser Tiger. Es ist schlicht nicht vorstellbar, dass vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten für Mieter, zu ihrem Recht kommen zu können, es in den Gegenden angespannter Mietpreisentwicklung tatsächlich keine Bestrebungen von Vermietern geben sollte, die Mietpreisbremse einfach zu missachten.
Wie kann die Miete per Mietpreisbremse gesenkt werden?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, wie sie Ihren Anspruch auf Senkung der Miete prüfen lassen können:
- Sie können über einen Mietverein gehen, allerdings nur, wenn Sie dort bereits Mitglied sind. In der Regel dauert es auch einige Zeit, bis Sie einen Termin bekommen.
- Bei diesem Anbieter kann man den Wohnungsmangel kostenlos prüfen lassen und die Mietminderung in Auftrag geben. Eine Gebühr wird nur fällig, wenn das Portal erfolgreich ist.
- Eine weitere Option sind Selbstständige, auf Mietrecht spezialisierte Anwälte. Sie berechnen jedoch vorab viele hundert Euro Gebühr.
Welche Möglichkeiten gibt es für Vermieter, die Mietpreisbremse zu umgehen?
Und damit kommen wir auch schon zu den Möglichkeiten der Vermieter, die Mietpreisbremse zu umgehen. Laut der Umfrage von Immobilienscout24 berufen sich die Vermieter vor allem auf 3 Möglichkeiten und eine Exit-Strategie. Zum einen wollen 48 Prozent der Vermieter ab sofort umso mehr zahlungskräftigere Mieter bevorzugen. 36 Prozent wollen auf Staffel- oder Indexmiete umstellen, 10 Prozent wollen die entgangenen Mieteinnahmen durch bspw. Abstandszahlungen ausgleichen. Die verbleibenden 6 Prozent wollen ihre Immobilie gewinnbringend verkaufen und nicht mehr vermieten. Wir haben hier die Möglichkeiten einmal aufgelistet:
1) Ausnahmen vom Gesetz
Ausnahmen sind im Gesetzesentwurf vorgesehen. So sollen Erstvermietungen von Neubauten ausgenommen werden. Auch nach umfassenden Modernisierungsarbeiten darf die Miete erhöht werden. Und Vermieter dürfen stets so viel verlangen, wie der Vormieter schon gezahlt hat.
2) Möblierte Wohnungen vermieten
Auch möblierte Wohnungen sollen nicht unter die Mietpreisbremse fallen. Immer mehr Geschäftsleute oder auch Menschen auf der Suche nach einer festen Bleibe, mieten eine möblierte Interims-Wohnung auf Zeit. Solche Wohnungen sind meist schick eingerichtet und relativ teuer. Da es im Bereich der möblierten Wohnung keinen Mietspiegel gibt, kann auch die Mietpreisbremse nicht greifen.
3) Umstellung auf Staffel- oder Indexmietverträge
Bei Staffelmieten soll die Miete auch außerhalb des 3-Jahres-Zeitraums wie im Mietvertrag festgelegt angehoben werden können (sofern noch unterhalb der Vergleichsmiete). Bei Indexmietverträgen wird die Steigerung der Miete an die Lebenshaltungskosten und somit an die Inflationsrate geknüpft. Grundlegend hierbei ist der Preisindex für Lebenshaltung vom Statistischen Bundesamt. Die Erhöhung des Index in Prozent entspricht dann der Mieterhöhung. Hohe Wohnnebenkosten erhöhen folglich direkt die Miete. Ohne einen Lohn, der sich ebenso schnell anpasst, ist eine solche Lösung für den Mieter sicherlich relativ teuer.
4) Zwischenvermietung
Um die Miete zu erhöhen, könnte ein Vermieter nach Auszug von Mieter A auch Zwischenmieter B einziehen lassen, der für einen geringen Zeitraum eine höhere Miete als die Vergleichsmiete zahlt. Dies ist zwar eine Umgehung des Gesetzes und somit unwirksam, aber wer und wie das in der Praxis beweisen wird, bleibt fraglich.
5) Abstandzahlung
Der Mieter zahlt an den Vermieter eine Abstandszahlung für das Überlassen von bspw. Möbeln. Unwirksam wird das Ablöseentgelt erst, wenn es den Wert der übernommenen Leistung um mehr als 50 Prozent überschreitet, was dem Vermieter einen gewissen Spielraum bietet.
6) Verkaufen
Manch einer wird aufgrund der veränderten Marktlage sicherlich auch den Kopf in den Sand stecken, der Vermietung ganz und gar abschwören und seine Immobilie verkaufen.
Von Orlando Mittmann | Letzte Aktualisierung: 29. April 2014
Kategorie: Wohnungsmarkt, Mietpreisbremse