Ihnen oder einem Bekannten ist eine Kündig wegen Eigenbedarf Ihres Vermieters ins Haus geflattert? Prüfen Sie den Sachverhalt sorgfältig, bevor Sie zum nächsten Schritt ansetzen. Ob die Kündigung tatsächlich rechtskräftig ist, stellt sich erst nach einem Blick ins Kündigungs- und Mietrecht heraus.
Was interessiert Sie zum Thema Eigenbedarfskündigung besonders?
- Was bedeutet Eigenbedarf?
- Was muss in einer Eigenbedarfskündigung stehen?
- Was kann der Mieter bei einer Eigenbedarfskündigung tun?
- Was bedeutet „Bedarfsvorschau“ bei Eigenbedarf?
- Beispiel Berlin: Erweiterung der Sperrfrist für Eigenbedarf
- Zweitwohnung für Kurzbesuche: Ist das Eigenbedarf?
Was genau bedeutet Eigenbedarf eigentlich?
Wenn der Vermieter wegen Eigenbedarf kündigt, heißt das, dass er oder eine enge Bezugsperson die Wohnung selbst nutzen wollen. Entspricht die Forderung der Gesetzgebung, müssen die aktuellen Mieter ausziehen.
Zu engen Bezugspersonen zählen:
- Ehepartner
- Eltern
- Kinder
- Großeltern
- Enkel
- Geschwister
- Nichten
- Neffen
- Schwiegereltern
- Stiefkinder
- Lebensgefährten
… sowie Hausangestellte und Betreuer – sofern ihre besondere Beziehung zum Vermieter nachgewiesen wird.
Was muss in einer Eigenbedarfskündigung stehen?
In seiner Kündigung muss der Vermieter möglichst detailliert ausführen, warum und für wen er die Wohnung benötigt. Fehlende oder ungenaue Informationen machen die Kündigung unwirksam. Soll die Wohnung von einem Verwandten bezogen werden, müssen Informationen zum Verwandtschaftsverhältnis, der genauen Beziehung sowie der konkreten aktuellen Wohnsituation dieser Person aufgeführt werden.
Sonderfall: Kündigung mit vorgetäuschtem Eigenbedarf
Grundsätzlich gilt: Die Behauptung, dass der Eigenbedarf des Vermieters vorgetäuscht sei, muss vom Mieter bewiesen werden. Sobald aber nach dem Auszug des Mieters weder der Vermieter noch der angekündigte Verwandte in die Wohnung einziehen, kehrt sich die Beweislast um: Der Vermieter muss nun beweisen, dass es sich nicht um eine vorsätzliche Täuschung handelt.
Was kann der Mieter bei einer Kündigung aufgrund von Eigenbedarf tun?
Der Mieter hat das Recht, gegen die Kündigung wegen Eigenbedarf Widerspruch einzulegen. Ist der Bedarf des aktuellen Mieters aufgrund von Krankheit oder anderen erschwerenden Umstände groß, ordnet das Gericht die Fortsetzung des Mietverhältnisses an.
Folgende Härtefälle können die Eigenbedarfsanmeldung unwirksam machen:
- Hohes Alter des Mieters mit Verwurzelung in der Umgebung
- Starke gesundheitliche Beeinträchtigung des Mieters
- Schwangerschaft 10 Wochen vor oder nach einer Entbindung des Mieters
Tipp für Mieter:
Wird in dem Haus eine andere Wohnung frei, muss der Vermieter – sofern sie ihm gehört – diese dem Mieter anbieten.
Jedoch: Das Gericht entscheidet von Fall zu Fall
So kündigte in Köln ein Vermieter seinem Mieter, da seine Eltern die Wohnung nutzen wollten. Kurz darauf wurde jedoch eine vergleichbare Wohnung im Haus frei. Diese wurde dem gekündigten Mieter allerdings nicht angeboten, sondern modernisiert und neu vermietet. Das Amtsgericht Köln entschied daraufhin, dass die Räumungsklage wegen Eigenbedarf unwirksam sei. Der Vermieter sei verpflichtet, dem Mieter eine vergleichbare freie oder frei werdende Wohnung anzubieten, wenn dieser wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde (AZ.: 205 C 3/12).
Was bedeutet „Bedarfsvorschau“ bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf?
Die Tochter eines Vermieters war nach Abitur und einjährigem Auslandsaufenthalt zum Studieren zurückgekehrt und wollte nun dessen 2-Zimmerwohnung in Mannheim beziehen. Nach Auffassung des Mieters, der erst vor zwei Jahren dort eingezogen war, war das rechtsmissbräuchlich, da der Eigenbedarf für den Vermieter bei Abschluss des Mietverhältnisses durch Bedarfsvorschau absehbar gewesen sei. Der Vermieter reichte daraufhin Räumungsklage gegen den Mieter ein.
Das Landgericht Mannheim folgte der Argumentation des Mieters. Das Gericht verwarf in seinem Urteil (LG Mannheim 4 S 93/13) die Eigenbedarfskündigung als rechtsmissbräuchlich. Der Vermieter hätte beim Abschluss des Mietvertrages den künftigen Eigenbedarf vorhersehen und den Mieter darüber informieren müssen. Gegen diese Auffassung ging wiederum der Vermieter mit seinem Gang nach Karlsruhe vor.
Der BGH bestätigte in seinem Urteil (VIII ZR 154/14), dass dann ein widersprüchliches, rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt, wenn ein Vermieter Wohnraum auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, in absehbarer Zeit selbst diesen Wohnraum in Gebrauch nehmen zu wollen.
Achtung: In angespannten Wohnungsmärkten gibt es eine Sperrfrist für Eigenbedarfskündigungen
Um in angespannten Wohnungsmärkten die Sicherung der Wohnungsversorgung zu garantieren, existieren im Mietrecht sogenannte Sperrfristen. Wird die Wohnung während der aktuellen Mietzeit in eine Eigentumswohnung umgewandelt, kann die Eigenbedarfskündigung erst nach drei Jahren ausgesprochen werden. Diese Sperrfrist wurde in manchen Städten erweitert. Beispiele sind:
- Berlin: 10 Jahre
- München: 10 Jahre
- Hamburg: 10 Jahre
- Düsseldorf: 8 Jahre
- Köln: 8 Jahre
Beispiel Berlin: Was bei der Erweiterung der Sperrfrist für Eigenbedarf beschlossen wurde
Der Berliner Senat hat den Kündigungsschutz auf 10 Jahre erweitert. So kann ein neuer Eigentümer erst nach zehn Jahren die Räumung der vermieteten Wohnung erwirken.
Warum gibt es die 10 Jahre Kündigungsfrist bei Eigenbedarfskündigung?
Hiermit versucht der Berliner Senat auf die angespannte Wohnungsmarkt-Situation in Berlin zu reagieren. Ziel sei es, so die Sicherung der Wohnungsversorgung zu garantieren. Der Hintergrund ist einleuchtend: Immer mehr Wohnungen wechseln den Eigentümer, welche dann die alten Mieter verdrängen. Im Jahr 2011 sind 4.740 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt worden, 2012 waren es 7.260.
Warum kann die Frist auf 10 Jahre erhöht werden?
Erst galt eine 7-Jahre-Frist, in Hamburg wurde zu diesem Zeitpunkt bereits eine Zehn-Jahre-Frist praktiziert. Auf Bundesebene gilt das Gesetz, dass drei Jahre lang keine Eigenbedarfskündigung zu befürchten ist. Eine Ausweitung des Zeitrahmens auf 10 Jahre ist möglich, „wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist“.
Wann wird es teuer für den Mieter?
Häufig wird bei einem Eigentümer-Wechsel aber viel Geld in die Sanierung der Wohnung investiert. Dadurch bedingt steigen die Mieten dann schnell um 20-30 Prozent, was sich Alt-Mieter häufig nicht mehr leisten können.
Zweitwohnung für Kurzbesuche: Gilt das schon als Eigenbedarf?
Ein Hannoveraner Chefarzt besitzt eine Zweitwohnung in Berlin. Die aktuelle Mieterin wohnt seit 1987 in der Wohnung und zahlt 262 € Kaltmiete. Der Chefarzt lässt der Mieterin eine Kündigung wegen Eigenbedarf zukommen. Da sie sich weigerte, die Wohnung zu verlassen, erhob der Eigentümer eine Räumungsklage. Ihm ging es dabei nicht darum, den 57 Quadratmeter großen Wohnraum selbst dauerhaft zu bewohnen, sondern seine in Berlin lebende Tochter von Zeit zu Zeit besuchen und in seiner Immobilie übernachten zu können.
Aufgrund seiner Argumentation strebte auch die Mieterin eine Klage an. Das Gericht musste feststellen, wie der Eigenbedarf einzustufen ist. Während das Amtsgericht von dem Bedarf des Arztes nicht überzeugt war – schließlich lassen seine Lebensumstände die regelmäßige Nutzung der Wohnung gar nicht zu – entsprach das Landgericht Berlin der Räumungsklage des Mediziners und verweigerte eine Revision am Bundesgerichtshof (BGH). Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Arzt „vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme“ hat, sodass die bisherige Mieterin dazu aufgefordert ist, aus der Wohnung auszuziehen (Az. 1 BvR 2851/13).
Von Katharina Abejon-Perez | Letzte Aktualisierung: 22. Juli 2015
Kategorie: Mietrecht, Kündigung