Mietrecht: Weitergabe von Prozessunterlagen ist erlaubt

Zu viel Miete wegen falsch berechneter Wohnfläche gezahlt

 Regal in dem mehrere schwarze Ordner mit Prozessunterlagen einsortiert sind

Führt und gewinnt ein Mieter gegen seinen Vermieter einen Prozess wegen falsch berechneter Wohnfläche, so darf er Beweismittel dieses Verfahrens inklusive der erstellten Gutachten zur Flächenberechnung seinen Vormietern übergeben. Selbst wenn diese schon länger nicht mehr dort wohnen, können sie mithilfe dieser Unterlagen rückwirkend zu viel gezahlte Miete von ihrem ehemaligen Vermieter zurück verlangen.

Eine solche Weitergabe von Prozessunterlagen durch den aktuellen Mieter eines Wohnobjekts stellt nach einem Urteil des Amtsgerichts München (AZ 452 C 2908/14) keine Verletzung der Pflichten aus dem laufenden Mietvertrag dar. Damit wird eine durch den Vermieter ausgesprochene Kündigung gegen den Mieter wegen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses unmöglich.

Rückzahlungsforderung rechtens

Der Fall: Ein Ehepaar in München mietete eine Doppelhaushälfte an. Der Mietvertrag wies eine Wohnfläche von 185 m² aus. Erst nach Einzug ließen die Mieter eine wesentlich kleinere Wohnfläche ermitteln und kürzten deshalb die Miete.

Es kam zum Prozess um die Miethöhe, in dessen Verlauf ein vom Gericht bestellter Sachverständiger eine tatsächliche Wohnfläche von 158 m² feststellte. Da die Abweichung somit mehr als 10 Prozent betrug, setzte das Gericht die Miete entsprechend niedriger an. Die Vermieterin wurde zur Zurückzahlung des zu viel gezahlten Mietanteils verpflichtet.

Nachdem das Ehepaar diesen Prozess gewonnen hatten, übergab es die Unterlagen des Rechtsstreits ihren Vormietern. Diese forderten vor allem unter Verweis auf das in den Unterlagen enthaltene Sachverständigengutachten ebenfalls erhebliche Mietanteile aus dem früheren Mietvertrag von der Vermieterin zurück. Auch sie bekamen schließlich vor Gericht Recht. Ihnen wurde eine Rückzahlung von 15.000 Euro zugesprochen.

Vermieterin sah vertragliches Vertrauensverhältnis zerstört

Die Vermieterin kündigte daraufhin dem Ehepaar den laufenden Mietvertrag fristlos. Begründung: In der Weitergabe der vertraulichen Unterlagen an die Vormieter sei eine willentliche Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu sehen. Das Verhalten der Mieter sei allein darauf gerichtet, der Vermieterin in jeder Hinsicht zu schaden.

Dies sei verwerflich, da die Mieter wirtschaftlich davon überhaupt nicht profitieren würden. Somit hätten die Mieter die sogenannten Nebenpflichten aus dem Mietvertrag verletzt, was der Auffassung der Vermieterin zufolge zur außerordentlichen sowie zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags berechtige.

Als die Mieter ihrer fristlosen Kündigung widersprachen und sich weigerten auszuziehen, reichte die Vermieterin schließlich Räumungsklage ein.

Räumungsklage abgewiesen

Dieser Klage widersprach der zustände Richter des Amtsgerichts München. Er entschied, dass die von der Vermieterin vorgetragenen Kündigungsgründe weder zur außerordentlichen noch zur ordentlichen Kündigung berechtigten.

Vielmehr sah der Richter in der Weitergabe der Prozessunterlagen keine Verletzung der mietvertraglichen Pflichten. Die Vormieter hätten berechtigte Ansprüche gehabt, deren Durchsetzung ihnen nur durch die Akteneinsicht ermöglicht wurde. Diese Akteneinsicht stehe ihnen gemäß § 299 der zivilen Prozessordnung zu. Deshalb könne die Weitergabe der Unterlagen und Beweismittel auch keinen Kündigungsgrund gegenüber den aktuellen Mietern darstellen.

Die Räumungsklage wurde abgewiesen, und das Mietverhältnis konnte durch die Kündigung der Vermieterin nicht beendet werden.

Von Marilla Schleibaum | Letzte Aktualisierung: 28. August 2015

Kategorie: Mietrecht