So funktioniert das Zurückbehaltungsrecht für die Miete
Wenn ein Vermieter sich weigert, einen unstrittigen Mangel an einer Mietsache zu beseitigen, ist der Mieter gemäß § 320 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) berechtigt, neben einer Minderung der Miete auch einen Teil der Mietzahlung als Druckmittel zurückzuhalten. Doch dieses Zurückbehaltungsrecht hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit einer wichtigen Einschränkung ausgestattet.
Eine heikle Frage von Mieterrechten und Vermieterpflichten
Willy ist schon seit mehreren Jahren Mieter einer schönen Wohnung in einer deutschen Großstadt. Hier hat er sich immer sehr wohl gefühlt und seine Miete deshalb immer pünktlich bezahlt. Als er jedoch hinter einem Badezimmerschrank massiven Schimmelbefall entdeckt, bekommt er auf einmal Ärger mit seiner Vermieterin.
Diese sieht sich nämlich nicht verpflichtet, irgendetwas wegen des Schadens zu unternehmen. Im Gegenteil: Sie behauptet, dass Willy an der Situation selbst Schuld trage, weil er nicht genügend gelüftet habe. Willy wähnt sich im Recht und lässt ein Gutachten erstellen, welches die Behauptung der Vermieterin widerlegt. Daraufhin kürzt er nach Anraten eines befreundeten Anwalts die Miete um 20 Prozent und zahlt die restlichen 80 Prozent fortan unter Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht im BGB auf ein Sperrkonto ein.
Die Vermieterin hingegen will sich dies nicht gefallen lassen und kündigt Willys Mietvertrag nach zwei Monaten wegen der ausbleibenden Mietzahlung. Da Willy sich standhaft weigert, die Kündigung zu akzeptieren und auszuziehen, reicht sie schließlich beim Amtsgericht Räumungsklage ein. Der Klage widerspricht Willy und hält, weil der Schimmel immer noch im Bad ist, auch weiterhin die Zahlung der geminderten Miete zurück.
Ein Urteil mit Überraschungseffekt
Die Verfahren nehmen von Instanz zu Instanz viel Zeit in Anspruch und landen am Ende beim BGH zur Entscheidung. Hier kommt es zu Willys Verwunderung zu einem Urteil, dass so ganz und gar nicht seinen Vorstellungen von Recht und Ordnung entspricht. Denn das Gericht entscheidet überhaupt nicht über die Schimmelproblematik, sondern nur darüber, ob das Zurückhalten der Mietzahlung berechtigt war oder nicht. Von der Antwort auf diese Frage macht das Gericht die Rechtmäßigkeit der Räumungsklage der Vermieterin abhängig.
Das Urteil ist niederschmetternd für Willy: Weil das Gericht durch die langzeitige Rückhaltung der Mietzahlung die Verhältnismäßigkeit verletzt sieht, gibt es der Vermieterin Recht. Der Räumungsklage wird stattgegeben und Willy muss sein schönes Zuhause verlassen.
Dem Urteil zufolge darf das im BGB verankerte Zurückbehaltungsrecht nur mit einer zeitlichen Begrenzung auf einen mehrfachen Betrag der monatlichen Minderung bemessen werden. Das bedeutet, dass letztlich die vermuteten Kosten der Beseitigung eines Schadens vorgeben, um wie viel die Miete gemindert wird, und auf diese Weise wie viel darüber hinaus als Druckmittel zurückbehalten werden darf.
Das geht nach Ansicht der Richter des BGH eben nicht unbegrenzt, sondern darf nur solange erfolgen, dass der insgesamt einbehaltene Betrag in einer angemessenen Relation zur Bedeutung des Mangels steht. Nach der bisherigen Rechtsprechung kann ein Mieter hier das drei- bis fünffache dessen zurückhalten, was er als Mietminderung geltend macht. In Willys Beispiel, der seine Miete um 20 Prozent gemindert hatte, wären das maximal 60 bis 100 Prozent einer Monatsmiete. Mehr nicht.
Allerdings ist hier deutlich zu bemerken, dass der BGH gar keine konkreten Zahlen nennt und diese auch nicht aus früheren Urteilen anderer Gerichte übernimmt. Der BGH spricht nur von der Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Die gilt es bei Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes zu beachten. Zudem muss das zurückbehaltene Geld nach Beseitigung eines Schadens unbedingt an den Vermieter ausgezahlt werden. Nicht jedoch der Minderungsbetrag.
Um bei Willys Fall zu bleiben: Willy hätte die Kosten der Beseitigung des Schimmels abschätzen müssen und daraufhin nur solange 80 Prozent der Miete zurückhalten dürfen, bis dieser Betrag erreicht worden wäre. Hätte dann die Vermieterin den Schaden irgendwann einmal beseitigt, hätte Willy das Geld an die Vermieterin auszahlen müssen. Die für die Dauer des Mangels von ihm geltend gemachte Mietminderung von 20 Prozent hätte er hingegen nicht erstatten müssen.
Von Marilla Schleibaum | Letzte Aktualisierung: 06. Oktober 2016
Kategorie: Mietrecht, Mieterrechte, Miete & nebenkostenabrechnung