Die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren zur Zukunft des Tempelhofer Feldes war mit 185.328 gültigen Stimmen erfolgreich. Obwohl jede 5.Stimme ungültig war, ist der Weg für Stufe 2 nun frei, denn es können jetzt alle Berliner innerhalb der nächsten vier Monate über die Zukunft des Geländes abstimmen.
Jetzt ist es offiziell: Die Bürgerinitiative "100% Tempelhofer Feld" hat's geschafft.
Margarete Heitmüller von der Initiative "100% Tempelhofer Feld": "Was der Senat möchte, ist einfach eine große Bebauung und es gibt keinen Alternativplan dazu. Es gibt nicht die Möglichkeit zu sagen, dass wir nur die Hälfte möchten. Und deswegen sagen wir, dass man für unser Gesetz stimmen soll. Dann haben wir nämlich in ein paar Jahren alle die Möglichkeit, wenn wir alle mal in Ruhe darüber nachgedacht haben und die Alternativen geprüft haben, etwas anderes zu tun."Die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren war erfolgreich. Nach Angaben der Landeswahlleiterin wurden 185.328 gültige Stimmen abgegeben, etwa 12.000 mehr als nötig. Obwohl jede 5.Stimme ungültig war, ist der Weg für Stufe 2 nun frei, denn es können jetzt alle Berliner innerhalb der nächsten vier Monate über die Zukunft des Feldes abstimmen, das so groß ist wie 500 Fußballfelder oder fast so groß, wie der New Yorker Central Park.
Wir brauchen eine Grundsatzentscheidung.
Für den Senat wird der Volksentscheid zu einer Schlittenfahrt ins Ungewisse. Zentrale rot-schwarze Projekte wie der Neubau von bezahlbaren Wohnungen am Rande des Tempelhofer Feldes oder der protzige Neubau der Landesbibliothek stehen ultimativ auf der Kippe. Der Senator für Stadtentwicklung, Michael Müller von der SPD, will nun in die Offensive: "Mit dem erfolgreichen Gesetzesentwurf der Tempelhofer Initiative wird wirklich jede Planung und jede Weiterentwicklung verhindert werden. Zum einen die Wohnbebauung, auch die Bibliothek aber auch eine Weiterentwicklung auf der Freifläche. Sportangebote, Radwege - auch das wäre alles nicht möglich. Und ich denke, hier muss schon eine Grundsatzentscheidung getroffen werden."
Opposition und Initiative drängen auf einen Termin zur Abstimmung am Tag der Europawahl am 25. Mai 2014. Senator Müller könnte damit leben aber der Senat hält den Termin noch offen. Linke und Grüne schlagen nun einen gemeinsamen Gesetzesentwurf zur Zukunft des Tempelhofer Feldes aller Fraktionen im Abgeordnetenhaus vor, der dann beim Volksentscheid gegen den der Initiative gestellt werden könnte. Antje Kapak (B90/Grüne) hierzu: "Ich glaube, dass viele Berlinerinnen und Berliner sich schon einen zentralen Park in Berlin wünschen, sich aber auch eine moderate Bebauung vorstellen können. Für all diese Menschen ist ein Ja oder Nein zu kurz gegriffen und deshalb glauben wir, dass wir mit einem alternativen Gesetzesentwurf eine Lösung bieten, über die man dann am 25. Mai abstimmen könnte."
Die Vorwürfe von Unterschriftenfälschungen sind laut Wahlleiterin übrigens alle vom Tisch. In den kommenden vier Monaten zählen nur die Argumente in einem kämpferischen Wettlauf. Hier geht es dann sowohl bei der Initiative als auch beim Senat am Alles.
Für und Wieder - Pro und Contra: Ihre Meinung zählt!
Bevor es also Ende Mai zur Abstimmung kommen könnte oder vielmehr wird, sollte jeder auch eine Meinung dazu haben. Muss das Tempelhofer Feld zu 100% so bleiben, wie es ist oder sollten am Rand doch Bebauungen vorgenommen werden? Schauen wir auf Pro und Contra der Argumentationen:
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Pro: Das Tempelhofer Feld mit seiner Weite ist einzigartig für eine europäische Metropole. Neue Quartiere am Rand? Das braucht es nicht! Es gibt doch Platz für 200.000 neue Wohnungen sogar innerhalb des S-Bahn Ringes. Prestigebauten wie die neue Landesbibliothek sollte sich Berlin mit seinen über 62 Milliarden Euro Schulden eh nicht leisten. Und die geplanten Gewerbeflächen? Die können doch an den Stadtrand. Wer will schon den Verkehr und den Lärm produzierenden Gewerbes in seiner Nachbarschaft haben? Für das Stadtklima ist das Wiesenmeer in seiner jetzigen Größe und Beschaffenheit zudem wichtig, da sich hier die Kaltluft bildet, die wir angesichts des Klimawandels so dringend brauchen. Außerdem brüten am Rande des Geländes bedrohte Vogelarten. Die Fläche ist noch immer als Flugfeld erkennbar. Ein Magnet für Berliner und Touristen und ein touristisches Denkmal von überregionaler Bedeutung - erste Luftfahrtversuche, das ehemalige KZ Columbiahaus und die Luftbrücke nach Berlin stehen für diese ganz besondere Freifläche.
- Contra: Berlin braucht günstigen Wohnraum für seine Bewohner und für immer mehr Menschen, die nach Berlin ziehen. Entspannung auf dem Wohnungsmarkt hilft allen. Auf einem Teil des Tempelhofer Feldes kann der Bedarf gedeckt werden, denn 4.700 Wohnungen sollen am Rand entstehen. Das Gelände gehört Berlin, die städtischen Wohnungsbaugesellschaften können also günstig bauen - die Miete: 6-8 Euro pro Quadratmeter für die Hälfte der Wohnungen, dazu Kitas und Schulen, die auch den angrenzenden Neuköllner Familien helfen. Zudem verhindert die innerstädtische Lage, dass noch mehr Pendler für noch mehr Stadtverkehr sorgen. Die Gewerbebereiche im südlichen Teil des Tempelhofer Feldes bringen bis zu 7.000 nue Jobs - gut nicht nur für Neukölln mit seinen vielen Arbeitssuchenden. Das historische Areal, von dem ohnehin Teile unter Denkmalschutz stehen, sollen maßvoll bebaut werden. Was bleibt, ist ein riesiger Park von 230 Hektar Fläche - größer als der Tiergarten, größer als ganz Monaco.
Von Orlando Mittmann | Letzte Aktualisierung: 31. Januar 2014
Kategorie: Gewerbe, Unternehmen, Wohnung