Prozesskostenhilfe: Gutes Recht braucht nicht am Geld zu scheitern

brauner Gerichtshammer liegt auf drei 50-Euro-Scheinen in Bezug auf Prozesskostenhilfe

Durch eine finanzielle Unterstützung des Staats, genannt Prozesskostenhilfe, können auch weniger vermögende Menschen gerichtliche Auseinandersetzungen eingehen, ohne sich Sorgen um die Bezahlung machen zu müssen. Praktisch z.B. bei Mietrechtsstreitigkeiten.

Vor Gericht zu gehen, will gut überlegt sein

Azubi Maik ist sauer. Nach dem Auszug aus seiner letzten Wohnung hat der ehemalige Vermieter trotz einwandfreiem Übergabeprotokoll und ausgeglichener Nebenkostenabrechnung auch nach Monaten immer noch nicht die Mietkaution zurückgezahlt. Wiederholte schriftliche Aufforderungen, ja sogar eine Fristsetzung, haben zu nichts geführt. Der Vermieter reagiert einfach nicht und lässt sich auch am Telefon verleugnen.


Da bleibt Maik eigentlich nur der Gang vor Gericht, um das Geld einzuklagen. Doch weil er als Azubi wenig Geld verdient und keine Rechtsschutzversicherung hat, macht er sich Sorgen, dass die Kosten eines solchen Verfahrens zu viel für sein schmales Einkommen sein könnten. Vor allem, weil er sich in juristischen Fragen nicht so gut auskennt, befürchtet Maik, dass eine Klage gegen seinen ehemaligen Vermieter wider Erwarten an der ein oder anderen Feinheit scheitern könnte. Dann wäre er mit den anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten finanziell komplett überfordert.

Prozesskostenhilfe: Jemanden zu verklagen muss nicht immer teuer sein

Doch ein Freund, der Bescheid weiß, kann Maik beruhigen: Er gibt ihm den Tipp, Prozesskostenhilfe (PKH) in Anspruch zu nehmen, um sein Recht durchzusetzen. Diese Hilfe kann Maik zu Beginn des Verfahrens ganz einfach bei dem Gericht beantragen, das für seine zivilrechtliche Auseinandersetzung zuständig ist, ganz egal, um welche Art von Streit es sich handelt.


Die Prozesskostenhilfe ist eine staatliche Fürsorgeleistung, die es auch weniger vermögenden Bürgern ermöglichen soll, juristische
Auseinandersetzungen einzugehen. Die in der Zivilprozessordnung (ZPO) verankerte Prozesskostenhilfe garantiert, dass in Zivilprozessen je nach Einkommenssituation die Gerichts- und Anwaltskosten entweder gar nicht, oder nur teilweise - und wenn, dann in Raten - bezahlt werden müssen.


Der Antrag auf Prozesskostenhilfe kann bei einem Zivilgericht, einem Verwaltungs-, einem Arbeits- oder auch einem Sozialgericht gestellt werden. Nur im Fall eines Strafgerichtsverfahrens ist die Sache anders: Hier kann keine PKH beantragt werden, weil bei entsprechender Bedürftigkeit von Amts wegen ein Pflichtverteidiger gestellt und bezahlt wird.

Prozesskostenhilfe: Persönliche Verhältnisse des Antragstellers werden geprüft

Will Maik also einen Zivilprozess gegen seinen ehemaligen Vermieter führen, um diesen zur Rückzahlung der Mietkaution zu zwingen, muss er zu Beginn des Verfahrens einen Antrag auf Prozesskostenhilfe einreichen. Dies macht er schriftlich oder persönlich auf der zuständigen Geschäftsstelle des Gerichts. Bei Antragstellung muss Maik eine wahrheitsgemäße Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegen, wobei die Tatsache, dass der Antragsteller Bezieher von Unterstützungsleistungen nach Sozialgesetzbuch bezieht, meistens die automatische Berechtigungsmöglichkeit zum Bezug der PKH mit sich bringt.


Aber auch ohne Bezug von Sozialleistungen kann eine Berechtigung aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse durchaus gegeben sein. In Maiks Fall reichen sein Ausbildungsvertrag und ein entsprechender Einkommensnachweis in Kopie aus. Ob die PKH eine Übernahme der gesamten Kosten oder nur eine Bezuschussung sein wird, muss im Einzelfall anhand des Einkommens überprüft werden.


Seit 2014 ist allerdings gesetzlich klargestellt, dass auch der Verfahrensgegner zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers Stellung nehmen kann. Gleichwohl sind diesem die vorgelegten Unterlagen im Regelfall nicht bzw. nur mit Zustimmung des Antragstellers zugänglich zu machen § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Anwaltliche Hilfe auf Berechtigungsschein

Um schon vor Einreichung einer Klage ausloten zu können, welche Chancen er haben könnte, wird Maik vom Amtsgericht einen sogenannten Berechtigungsschein für eine anwaltliche Beratung erhalten. Dieser Beratungsschein kostet Maik nur eine geringe Bearbeitungsgebühr und ermöglicht ihm darüber hinaus eine kostenfreie Rechtsberatung bei einem entsprechenden Fachanwalt.


Sollten sich Maiks Befürchtungen, dass er mit seiner Klage vor Gericht keine Chance haben könnte, bei dieser Beratung zerstreuen lassen, steht der Bewilligung des Antrags auf Prozesskostenhilfe nichts mehr im Wege. Anders wäre es nur, wenn sich in der Beratung die Aussichten auf eine erfolgreiche Klage als nicht gegeben erweisen. Dann wird es mit der Bewilligung der PKH schwierig. Dies wird durch die jeweilige Geschäftsstelle, die den Antrag auf PKH bearbeitet, genau geprüft.


Laut Statistischem Bundesamt wurde im Jahr 2014 in 58.253 Fällen eine PKH bewilligt und in 18.672 Fällen nicht. Aus welchen Gründen die Ablehnungen erfolgten, wurde statistisch nicht erfasst – nur, dass in diesen Fällen die Aussichten auf Erfolg der jeweiligen Klage nicht hinreichend gewesen seien.


Maik kann also aufatmen und wird sich zunächst den Beratungsschein für den Anwalt besorgen. Dann klärt sich schnell, ob eine Klage gegen den Vermieter Erfolg haben wird oder nicht. Dadurch erlangt Maik weitgehende Gewissheit, ohne sich in ein unkalkulierbares finanzielles Risiko stürzen zu müssen.

Von Marilla Schleibaum | Letzte Aktualisierung: 20. September 2016

Kategorie: Mietrecht, Mieterrechte