Urteil: Mieter muss nicht mit anpacken

(Bau)Freiheit, die ich meine...

Unter Baufreiheit versteht sich das bei-Seite-Räumen von Schränken und Möbeln, um notwendige Arbeiten von Handwerkern zu ermöglichen. Je nach Umfang der geplanten Arbeiten kann dies auch das komplette Leerräumen eines ganzen Wohnraums oder sogar der gesamten Wohnung bedeuten. Nach der Entscheidung des Landgerichts Berlin ist ein Mieter aber nicht verpflichtet, durch eigenes Anpacken dafür zu sorgen, dass die beauftragten Handwerker freien Zugang zu den jeweiligen Arbeitsorten haben ( AZ 63 S 373/13).

Grenzen der Duldungspflicht

„Dulden bedeutet nicht mit anpacken“, könnte man diese Regelung in eine Formel fassen. Denn es gilt, dass Modernisierungsarbeiten, die vom Vermieter form- und fristgerecht im Sinne des § 555 c BGB angekündigt wurden, vom Mieter grundsätzlich zu dulden sind. Eine Ausnahme von dieser Verpflichtung stellt nur die sogenannte „persönliche Härte“ (vgl. § 555 d Abs. 2 BGB) dar. Gewährt der Mieter also trotz rechtzeitiger Ankündigung und Duldungspflicht keinen Zutritt zu seiner Wohnung, so haftet er für zusätzliche Kosten wie erhöhte Reparatur- oder Anfahrtsaufwendungen.

Urteil regelt Aufgabenverteilung

Soweit so gut. Aber: die Pflicht des Mieters zur Duldung von Handwerkerarbeiten beinhaltet keinerlei Mitwirkungspflichten. Dies hat das Urteil des Landgerichts Berlin vom Juni 2014 klargestellt.


Die Verpflichtung des Mieters, die Arbeiten hinzunehmen, bedeutet eben nicht, dass der Mieter gezwungen werden kann, selbst tätig zu werden, um Einrichtungsgegenstände beiseite zu räumen. Der Vermieter muss sich darum kümmern, den notwendigen Platz zur Ausführung der angekündigten Arbeiten zu schaffen. Für die Baufreiheit muss er also selbst oder die von ihm beauftragten Handwerker sorgen.


Bei Bedarf müssen diese die Möbel aus dem Arbeitsbereich tragen, wohl verwahren, und hinterher, nach Abschluss aller Arbeiten dort auch wieder aufstellen. Und sollten die Handwerker Dreck verursacht haben, sind sie verpflichtet, diesen wieder zu beseitigen. Das gleiche gilt für Schäden an den Möbeln.


Geschieht dies nicht, und hat der Mieter in der Folge dadurch Kosten, kann er Aufwendungsersatz geltend machen. Das bedeutet, der Vermieter muss dann die Kosten für Reinigung und Aufbau, ggf. auch für Reparatur der Möbel in angemessenen Rahmen übernehmen.

Kündigung unwirksam

In dem konkreten Fall wollte ein Vermieter in der Wohnung eines Mieters Öfen abreißen lassen. Der Bewohner weigerte sich allerdings zunächst, die Handwerker hereinzulassen. Nachdem er ihnen aber unter Wahrung der Duldungspflicht doch noch Zutritt gewährte, verbot er ihnen, seine Sachen aus der Wohnung zu tragen.


Seine Begründung: die Handwerker wollten ihm auf Nachfrage nicht mitteilen, wo die Sachen gelagert werden sollten. Die Bauarbeiten kamen dadurch ins Stocken. Der Vermieter kündigte daraufhin den Mietvertrag fristlos, mit der Begründung, dass gegen die Duldungspflicht verstoßen worden sei.


Diese Kündigung erklärte das Landgericht Berlin für unwirksam. Es erachtete die Duldungspflicht des Mieters mit dem Hereinlassen der Handwerker als erfüllt. Die Tatsache, dass während des Verfahrens unstrittig blieb, dass dem Bewohner nicht mitgeteilt wurde, wo seine Sachen hingebracht werden sollten, stellte das Gericht ausdrücklich fest. Auch sei dem Mieter seitens der Hausverwaltung keinerlei Hilfe bei der Einlagerung seiner Sachen angeboten worden. Somit erachtete das Gericht den Vermieter als den Verursacher der Verzögerungen der Arbeiten und nicht der Mieter.

Von Marilla Schleibaum | Letzte Aktualisierung: 20. Mai 2015

Kategorie: Mietrecht, Mieterrechte